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Fünf Minuten Gassi gehen pro Lebensmonat? Vernünftige Regel oder schlichter Unfug?

Fünf Minuten Gassi gehen pro Lebensmonat? Vernünftige Regel oder schlichter Unfug?

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Kennen Sie wahrscheinlich, oder? Die dringende Ermahnung bzw. „eiserne Regel“, mit einem Welpen bzw. Junghund nur 5 Minuten pro Lebensmonat spazieren zu gehen, bis sich die Epiphysenfugen (Wachstumszonen) der Knochen endgültig geschlossen haben? Haben Sie sich auch gefragt, ob das wirklich Sinn macht und ob Sie gar Ihren Welpen für sein Leben schädigen, wenn Sie sich nicht daran halten? Woher kommt diese Regel und ist da was dran?
Wahrscheinlich (Wahrscheinlich! Keiner weiß es genau!) ist der Keim dieser Empfehlung in einer Untersuchung der amerikanischen National Institutes of Health (NIH) aus den 70ern des vorigen Jahrhunderts zu suchen. Die NIH förderten damals klinische Forschungen zur Hüftdysplasie des Hundes. In einer recht aufsehenerregenden Studie untersuchten Tiermediziner:innen den Effekt von Bewegungsrestriktion auf die Hüftgelenkgesundheit. Der Studienaufbau war geprägt von der für die damalige Zeit typischen und brutalen Bedenkenlosigkeit: Schäferhund-Welpen wurden einfach dauerhaft in kleinen Käfigen gehalten und aufgezogen. Und tatsächlich konnte bewiesen werden, dass solcherart bewegungseingeschränkte Welpen später mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Hüftdysplasie entwickelten als Welpen, die sich frei bewegen konnten.

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Die neue Tierschutzhundeverordnung: Kontrollierte Hundezucht ist keine Qualzucht!? Echt jetzt?

Die neue Tierschutzhundeverordnung: Kontrollierte Hundezucht ist keine Qualzucht!? Echt jetzt?

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Obwohl die neue Tierschutzhundeverordnung bereits zum Jahreswechsel in Kraft gesetzt wurde und ihr Inhalt dem Verband für das Deutsche Hundewesen VDH und seinen angeschlossenen Rassehundevereinen schon lange zuvor bekannt gewesen sein dürfte, war das Entsetzen grenzenlos, als das Veterinäramt Erfurt für die ebendort Anfang Mai stattfindende Hundeshow auf dieser Verordnung basierende und weitreichende Zulassungsbeschränkungen verfügte und auch durchsetzte. Von ursprünglich 4000 Anmeldungen wurden 2400 schon im Vorfeld wegen dieser Anordnungen wieder zurückgezogen.
Man war wohl seitens des VDH und seiner Vereine von einem „Wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, von einer Fortsetzung des Status quo bei weiterhin bestehendem gesellschaftlichem und politischem Desinteresse an den durch die vereinsorganisierte Hundezucht zu verantwortenden Fehlentwicklungen (man könnte auch sagen: Sauereien!) ausgegangen. Diese Erwartung wurde bitter enttäuscht. Entsprechend groß ist natürlich nun die Aufregung.

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Von Mundhöhlensanierungen

Von Mundhöhlensanierungen, alten Tieren und (Risiko-)Narkosen

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Schaut man sich die ersten beiden Bilder von Hundezähnen vor und nach der professionellen Zahnreinigung an, könnte einem – wenn man denn alt genug ist – ein locker 50 Jahre alter Gag von Otto einfallen: „Dip, dip, dip in the wiz, wiz, wiz, in the water, in the water – clean!“
Schön wäre es, wenn das so einfach wäre! Zwischen den beiden durch die Fotos dokumentierten Zuständen liegen alles in allem mehr als zwei Stunden Arbeit für a) eine Tierärztin / einen Tierarzt, b) eine Prophylaxe-Fachkraft und c) eine Tiermedizinische Fachangestellte, die die Narkose überwacht und protokolliert. Der Vorgang ist von „mal schnell Zahnstein wegmachen“ so weit entfernt wie ein warmes, knuspriges Handwerksbauernbrot vom Discounter-Schnittbrot aus dem Folienbeutel. Noch deutlicher wird das bei den so bedauerlich häufig von Resorptivläsionen (FORL) gequälten Katzen. Da kann es durchaus passieren, dass eine dreistündige Narkose gar nicht reicht, um eine schmerzfreie Mundhöhle herzustellen, und ein zweiter Termin vereinbart werden muss.
Narkosen für zahnmedizinische Rundumsanierungen sind also alles andere als ein Pappenstiel, gerade was die Narkosedauer angeht, die die für zum Beispiel die meisten Bauchoperationen bei weitem übertrifft. Da kann man als Tierbesitzer:in natürlich schon Fracksausen bekommen, auch und gerade, wenn es um einen Hund oder eine Katze in höherem Alter geht. Genau das ist aber sehr häufig der Fall, denn Zahnsteinansatz, Parodontitis und FORL betreffen ja nicht nur, aber vorwiegend ältere Tiere.

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Hohe Wellen: Durchsetzung von Paragraph 10 der neuen Tierschutzhundeverordnung (Ausstellungsverbot für Hunde mit Qualzuchtmerkmalen) durch die Veterinärämter

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Die Welt der vereinsorganisierten Hundezüchter:innen ist aktuell in heller Aufregung. Der Verband für das deutsche Hundewesen (VDH) umreißt das Problem auf seiner Website folgendermaßen:
„Die letzten Wochen waren geprägt von Diskussionen mit Amtsveterinären, Behörden und Ministerien bezüglich der Umsetzung des § 10 der neuen Tierschutzhundeverordnung. Diese sieht unter anderem ein Ausstellungsverbot für Hunde mit sogenannten Qualzuchtmerkmalen vor. Die Ausstellungen in Erfurt, Lingen, Dortmund und Neumünster sind die ersten Großveranstaltungen, die von der seit dem 1.1.2022 geltenden Fassung der Tierschutzhundeverordnung betroffen und mit sehr unterschiedlichen Anordnungen konfrontiert worden sind. Auch Sportveranstaltungen und Spezialrassehunde-Ausstellungen rücken zunehmend in den Fokus und fallen ebenfalls unter den Geltungsbereich der Verordnung.“

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Osteolyse und Osteoproliferation - Zwei apokalyptische Reiter der Röntgendiagnostik

Osteolyse und Osteoproliferation – Zwei apokalyptische Reiter der Röntgendiagnostik

Von Johanne Bernick, Tierärztin, und Ralph Rückert, Tierarzt
Sieht man auf einem Röntgenbild an einer bestimmten Stelle gleichzeitig Osteolyse, also die Auflösung bzw. Zerstörung der physiologischen Knochenstruktur, und Osteoproliferation, also die ungeregelte, chaotische Neubildung von Knochengewebe, dann weiß man, dass man es in der Regel mit einem bösartigen Vorgang zu tun hat und dass es dem Patienten ans Leben geht.
Meist bringt man diese beiden Erscheinungen mit dem gefürchteten und prognostisch hochgradig ungünstigen Osteosarkom (Knochenkrebs) in Verbindung, von dem meist größere und schwerere Hunderassen betroffen sind. Hier aber zwei Fälle aus der Praxis mit hoffnungslos weit fortgeschrittenen Tumoren bei der Katze:

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Tele(tier)medizin, Fernberatung, Ferndiagnosen

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Der inzwischen annähernd verzweifelte Formen annehmende Fachkräftemangel, der Zusammenbruch der Notdienststrukturen und nicht zuletzt die Pandemie mit ihren Kontakteinschränkungen haben den Betonköpfen in der Politik und in unseren berufsständischen Verwaltungen auf schlagende Weise beigebracht, dass an der Nutzung moderner Kommunikationsmöglichkeiten auch in der Medizin und Tiermedizin wohl kaum ein Weg vorbei führen wird.
Wir sprechen von Tele(tier)medizin, dem Trend schlechthin, „the new kid on the block“, der aktuellsten Sau, die in letzter Zeit durch das tiermedizinische Dorf getrieben wird.

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Brandolinis Gesetz - oder: Vielen Dank für Ihre Hilfe!

Brandolinis Gesetz – oder: Vielen Dank für Ihre Hilfe!

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Bei Diskussionen unserer Beiträge auf der Facebook-Seite unserer Praxis bekommen wir häufig Komplimente für die Geduld, mit der wir versuchen, auch auf reichlich unsinnige Kommentare mehr oder weniger ausführlich und rational einzugehen. Einfach ist das aber beileibe nicht!
In erster Linie führen zwei Faktoren dazu, dass wir keineswegs auf jeden Kommentar reagieren können, der eigentlich deutlichen Widerspruch verdient. Zum einen lösen manche Themen so heftige Diskussionen aus, dass man von der schieren Anzahl der Wortmeldungen einfach erschlagen wird. Zum anderen gibt es da leider Gottes das titelgebende Gesetz nach Brandolini, auch Bullshit-Asymmetrie-Prinzip genannt.

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Zahnwurzelbehandlungen vs. Tierschutz oder: Tierzahnmedizin ist nicht gleich Humanzahnmedizin

Zahnwurzelbehandlungen vs. Tierschutz oder: Tierzahnmedizin ist nicht gleich Humanzahnmedizin

Von Ralph Rückert, Tierarzt, Ulm, und Claus Meyer, Tierarzt, Mönchengladbach
Wurzelkanalbehandlungen bei Hunden und Katzen? Sicher irgendwie ein Nischenthema, das viele Besitzer:innen naturgemäß erst genau dann interessiert, wenn sich der Hund oder die Katze einen Zahn abgebrochen hat und sich die dringende Frage stellt: Zahnextraktion oder Wurzelbehandlung (evtl. kombiniert mit einer Überkronung)? Da aber solche Zahnfrakturen bei beiden Tierarten gar nicht so selten vorkommen, macht es wohl Sinn, sich mal vorab ein paar Gedanken zu machen.
Ich rate aus den in diesem Artikel zu erläuternden Gründen Tierbesitzer:innen schon seit vielen Jahren von Wurzelkanalbehandlungen ab und empfehle – von absoluten Ausnahmen abgesehen – viel eher die Extraktion des beschädigten Zahnes. Mit diesem Standpunkt habe ich mich immer recht alleine gefühlt, sozusagen als Vertreter einer mehr oder weniger exotischen und überpingeligen Denkweise.
Dann kam mein sehr geschätzter Kollege Claus Meyer und sein Posting zu diesem Thema in einer tiermedizinischen Fachgruppe. Claus praktiziert in seiner Praxis in Mönchengladbach Tierzahnmedizin auf höchstem Niveau, hat in Sachen Wurzelkanalbehandlung genau die gleiche Meinung wie ich und ist zu meiner großen Freude für diesen Artikel mein Co-Autor.

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Das Irismelanom der Katze: Bösartig und häufig tödlich!

Das Irismelanom der Katze: Bösartig und häufig tödlich!

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Ein guter Grund mehr, der geliebten Katze immer mal wieder wirklich tief in die Augen zu schauen: Das Irismelanom ist der häufigste Augentumor bei Katzen über 7 Jahren und leider ausgesprochen bösartig und metastasierungsfreudig. In etwa der Hälfte der Fälle hat zum Zeitpunkt der Diagnosestellung schon eine Metastasierung stattgefunden.
Deshalb ist eine frühe Entdeckung (in der Regel durch die Besitzer:innen) von entscheidender Bedeutung für die Überlebenschancen. Jegliche Farb- oder Texturveränderung der Iris muss einen als Katzenhalter:in zu einem zügigen Besuch der Tierarztpraxis des Vertrauens veranlassen. Für Irismelanome gilt wirklich: Lieber einmal zu viel geschaut!

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Memo to all: Katzenzahnbehandlungen ohne Dentalröntgen sind tierschutzwidriger Pfusch

Memo to all: Katzenzahnbehandlungen ohne Dentalröntgen sind tierschutzwidriger Pfusch, und zwar immer und grundsätzlich!

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin
Mal wieder Zahn-Röntgenbilder, die zornig machen! Ein paar Monate zuvor hatte die Katze eine sicher sehr preisgünstige „professionelle“ Zahnreinigung unter Narkose, bei der auch ein Zahn „gezogen“ wurde. Genauer gesagt wurde der Zahn 408 nicht kunstgerecht extrahiert, sondern unter Zurücklassen der kompletten (und natürlich dauerhaft schmerzhaften) vorderen Zahnwurzel irgendwie rausgebrochen. Und es wurden an den anderen Unterkieferzähnen verheerende und ebenfalls extrem schmerzhafte Resorptivläsionen (RL oder FORL) ignoriert, unter denen die Katze eine sehr lange Zeit schwer zu leiden hatte.
So einen Stuss kann man natürlich nur abliefern, wenn kein dentales Röntgen zur Anwendung gebracht wird. Bei der immensen Quote (über 50 Prozent aller Tiere über 5 Jahren), mit der Katzen von Resorptivläsionen betroffen sind, ist jede Art von Zahnbehandlung bei der Katze ohne die Anfertigung dentaler Röntgenaufnahmen in unseren Augen sowohl tierschutzwidrig als auch kunstfehlerhaft.

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